Badehaus Attersee – MB27

Unmittelbar an den Ufern des Salzkammergutsees durften wir dieses kleine, aber höchst spannende Badehaus Attersee planen und errichten. Es sollte ein Rückzugsort direkt am Wasser entstehen, der zum Verweilen und Träumen einlädt. Je nach Jahreszeit und Witterung zeigt sich das Objekt geschlossen oder offen, unscheinbar oder lebhaft. Eingesetzt wurden Massivholzbauteile, die am Seeweg angeliefert wurden, nachhaltige Dämmplatten aus Holzfaser und vorvergraute Holzlamellen als Decklage.

die aufgabe

Anfänglich gab es auf dem Seegrundstück in Attersee ein Ferienhaus und eine kleine seeseitige Badehütte, die schon in die Jahre gekommen war. Unmittelbar hinter der Hütte stand eine riesige, vierstämmige Erle – auch diese hatte bereits ihr Lebensalter erreicht. Das Ganze war im Hochwasserabflussbereich gelegen und es war klar, dass das Seewasser in diesem Bereich alle paar Jahre über die Ufer treten würde. Hinzu kam die Tatsache, dass der Uferbereich der Liegenschaft nur fußläufig erreichbar ist. An eine Zufahrt mit schwerem Gerät war also nicht zu denken. Viele Erschwernisse und Fragezeichen also. Für Planer und Bauherrschaft war zunächst völlig unklar, ob und in welchem Umfang eine Neuerrichtung aufgrund der naturschutz- und wasserrechtlichen Gesetze überhaupt möglich oder sinnvoll war. Punkt für Punkt wurde abgearbeitet.

Hinsichtlich der Hochwassergefahr wurde eine defensive Bauweise angedacht. Für die Baustellenbedienung kam nur der Seeweg in Frage – an den Salzkammergut-Seen gibt es aber gottseidank erfahrene Firmen, die Bagger und Baumaterialien mittels Schwimmponton anliefern können. Baumsachverständige untersuchten das Krankheitsbild der Erle. Die Baumfällung war dann schon allein aus Gründen der Sicherheit notwendig und in Abstimmung mit der Naturschutzbehörde wurden entsprechende Ersatzpflanzungen vereinbart. Schließlich wurde das Projekt seitens der Baubehörde abgesegnet und man „konnte ans Werk“ gehen.

Fertigstellung: 2020
4863 Attersee am Attersee
Badehaus inkl. Sauna
Nutzfläche 25 m² + 25 m² Holzterrasse
Baustellenbedienung: Schwimmponton

Foto und VIDEO ©Michael Maritsch – maritsch.com

Planung und Bauaufsicht:
ARGE Architekten Höller / bhe-architektur

Im Hinblick auf den Gebäudeentwurf, war es aufgrund der Lage an der Uferkante allseits gewünscht einen möglichst kompakten, unaufgeregten Baukörper nach außen und innen zu entwickeln. Vorgeschlagen wurde für den Hauptraum ein quadratischer Grundriss mit Pyramidendach in strenger Geometrie, daran angeschlossen ein kleinerer Anbau für Sauna- und Abstellraum. Darüber ergibt sich in kleiner Spitzboden, den die Kinder der Familie als Schlafgalerie nutzen können. Das alles auf einer bebauten Fläche von rund 5 x 7 Metern.

ORTSBILD

Aus Sicht des Seeuferschutzes sollte das äußere Erscheinungsbild vorwiegend Holzoberflächen zeigen, übermäßige Glasflächen sollten vermieden werden. Seitens der Bauherrschaft musste es aber auch möglich sein, vom Aufenthaltsraum aus, einen Panorama-Blick auf Attersee und Höllengebirge genießen zu können. Um diesen planerischen Spagat zu schaffen, entschied man sich für eine 3-seitige Verglasung des Hauptraumes mit Hebe-Schiebekonstruktionen und vorgehängten, elektrisch betriebenen Faltläden. Diese bieten die Möglichkeit, das Fassadenmaterial aufzunehmen und für die kältere Jahreszeit im geschlossenen Zustand eine homogene Außenhülle zu schaffen. Für die Hauptnutzungszeit im Sommer lässt sich das Badehaus zum See hin vollständig öffnen und macht die besondere Lage erst richtig erlebbar. Im Winter und in der Übergangszeit dient das Badehaus als Sauna-Objekt mit dem gewissen Etwas. Durch das Bullauge genießt man von der Liegefläche einen fantastischen Ausblick auf Schilfgürtel mit Fauna und Flora. Die Beheizung erfolgt über eine elektrische Fußbodenheizung bzw. über einen integrierten Sauna-Kombiofen.

WITTERUNG

Ein wesentlicher Aspekt in der Planung war die Tatsache, dass das Objekt aufgrund der besonderen Lage dauerhaft Wind und Welle und einer extremen Witterung ausgesetzt ist. Dieser Umstand war essenziell in der Wahl der Materialien und der Bauweise. Als Tragkonstruktion hatte sich die Brettsperrholzbauweise aufgedrängt. Kreuzlagenholz ermöglicht größtmögliche Vorfertigung und ist aufgrund der hohen Tragfestigkeit bei geringem Gewicht auch ein idealer Baustoff für den Transport mittels Schwimmponton. Im Sinne der Ökologie ist das Material ohnehin alternativlos. Natürlich war allen Beteiligten klar, dass gezielte Maßnahmen erforderlich sein würden, um den Holzbau bestmöglich gegen wechselnde Feuchteeinwirkung zu schützen.

TECHNIK

So wurde das Bauwerk auf einen Betonkranz gestellt und aus der Gefahrenzone herausgehoben. Der Spritzwasserbereich und das Betonfundament wurden gezielt abgedichtet. Für den Bodenaufbau wurden ausschließlich wasserresistente Materialien gewählt. Zusätzlich wurde in jedem Raum die Möglichkeit geschaffen, über versteckte Bodenauslässe und Wandfugen unkompliziert eine technische Absaugung und Rücktrocknung durchzuführen zu können. Im Außenbereich wurde aus technischen und gestalterischen Gründen eine vertikale Fuge der Holzdeckung gewählt. Diese garantiert eine rasche Abtrocknung und ermöglicht eine weitgehend verzugsfreie Montage in den Faltläden. Das Dach ist im Verborgenen als Blechdach ausgeführt. Umlaufende Kasten- und Sicherheitsrinnen gewährleisten die ordnungsgemäße Ableitung der Dachwässer. Als Decklage kamen Sibirische Lärchenbretter zum Einsatz, die im Werk vorvergraut wurden, ganz im optischen Einklang mit der 3-seitig umlaufenden Holzterrasse aus Thermo-Esche.

Das Badehaus Mühlbach ist insgesamt sicherlich kein alltägliches Projekt, klein aber hoch spannend in all seinen Anforderungen und Facetten. Die Architekten waren bemüht, den Genius Loci zu würdigen – ein besonderes Objekt für einen besonderen Ort sollte es werden. Man kann sagen, die Bauherrschaft hat mit der Aufgabenstellung Mut bewiesen, und wurde belohnt.